Ein Interview mit Petra Pokorny in Kosmetik International 26.11.2017

Die Kosmetikerin als Begleiterin durch wechselhafte Zeiten

Intro

Das Leben ist Veränderung, mal mehr, mal weniger. Besondere Aufmerksamkeit schenkt man – oder besser: frau – den Prozessen, die der Körper in den Jahren um die Menopause herum erlebt. „Ah – da sind sie ja, die viel beschworenen Wechseljahre!“ mag sie dann denken, wenn ihr monatlicher Zyklus kürzer und schwächer wird, vielleicht die eine oder andere Begleiterscheinung wie Hitzewallungen oder Schlafbeschwerden mit sich bringend. Doch mit der Periode muss heute keine Frau mehr ihrer Schönheit oder Attraktivität „Good bye!“ sagen. Der Alters-Limes hat sich um 20 Jahre nach hinten verschoben, Frauen in den Wechseljahren stehen meist aktiv und selbstbewusst im Leben. Sie als Kosmetikerin können Ihre Kundinnen kompetent durch diese wechselhaften Zeiten begleiten, denn optimale Pflege war noch nie so wichtig wie jetzt!

Wechseljahre? Das Wort allein ist schon negativ besetzt.

Schon das Wort „Wechseljahre“ ruft ja bei vielen eher düstere Assoziationen hervor – so nach dem Motto: jetzt wechselt mein Leben von spaßig zu mühsam, mein Sexleben von existent zu nicht existent … Sprechen Sie Ihrer Kundin gegenüber lieber davon, dass die Schönheit wie der gesamte Organismus vorausschauend unterstütz werden und vital erhalten bleiben.

Hier ein paar Fakten: In Deutschland haben Frauen durchschnittlich mit 52 Jahren ihre letzte Blutung. Bleibt diese dann über ein Jahr lang aus, spricht man von der Menopause. Bekannte Beschwerden wie Hitzewallung, Gelenkschmerzen oder Schlafprobleme treten häufig bereits 5 Jahre vor der Menopause auf, also Mitte/Ende 40. Schuld an all dem sind Veränderungen des Hormonhaushaltes, vor allem die körpereigene Östrogenproduktion nimmt ab – und das bereits lange, bevor eindeutige Wechseljahrs-Symptome auftreten.

Der Mensch – ein hormongesteuertes Wesen.

„Wir sind hormonell gesteuert, da müssen wir uns nichts vormachen. Wir stehen unter einem ganz schweren hormonellen Einfluss.“, bestätigt Prof. Dr. Kai J. Bühling, Gynäkologe und Leiter der Hormonsprechstunde am Universitäts-Krankenhaus Hamburg Eppendorf. Als Fachmann empfiehlt er vielen seiner Patientinnen, die sich mit diesen typischen Beschwerden nicht abfinden wollen, eine systemische Hormonersatz-Therapie mit Östrogen und dem natürlichen Gelbkörperhormon Progesteron. Gibt es einen Anti-Aging-Effekt durch die Zugabe von Östrogenen?

Bei einem Vortrag in der Kosmetikschule Hamburg zum Thema „Wechseljahre“ beantwortet er diese Frage nachdenklich: „Ich glaube schon, dass sich ein positiver Einfluss einstellt, genau kann ich es nicht sagen. Bei Östrogen-Einnahme ist die Haut etwas stärker durchblutet und lagert Feuchtigkeit besser ein. Wenn Frauen, die Hormone nehmen, blendender aussehen also solche, die es nicht tun, bin ich mir nicht sicher: Sehen sie so gut aus, weil sie Hormone nehmen oder haben sie sich für die Hormontherapie entschieden, weil sie insgesamt mehr für ihre Erscheinung zu tun bereit sind?“

Angst-Thema: Hormone und Brustkrebs-Risiko

Zum heiklen Thema des erhöhten Brustkrebs-Risikos bei Hormon-Einnahme klärt Dr. Bühling auf: „Wenn man 1.000 50-jährige Patientinnen, die keine Hormone nehmen, über 10 Jahre beobachtet, dann bekommen davon 46 Brustkrebs, das ist das Basisrisiko. Bei 1.000 Frauen, die länger als 5 Jahre mit Hormonen behandelt werden, steigt das Risiko auf 54, das sind 8 Fälle mehr.

Bei unter 5 Jahren Hormonbehandlung ist keine signifikante Steigerung der Krebsrate feststellbar.“ Und auch erhöhte Thrombose-Gefahr besteht nur bei Einnahme von Östrogen – wird das Hormon aber über die Haut, z.B. über ein Gel oder Hormonpflaster, aufgenommen, fällt dieses Risiko komplett weg.

Das Ziel: Ausgleich der Hormonschwankungen

Unstrittig ist: durch die Abnahme der Hormone Östrogen und Progesteron verändern sich Haut wie Psyche – auch seelisch wird frau dünnhäutiger. „Ja, hier kann die Kosmetikerin wirklich viel tun.“, ist sich Kosmetikerin und Ökotrophologin Susanne Dethlefs sicher. „Sie kann ihre Kundin schon vor und auch während der Wechseljahre sehr gut unterstützen. Einmal durch die richtigen Behandlungen mit effektiven Pflege-Wirkstoffe, dann aber auch durch gezielte Tipps für Ernährung und Bewegung.“,

Peelings sind für die reifere Haut ein Muss

Je früher, desto wirkungsvoller – bereits ab Ende 30, Anfang 40 machen vorbeugende Anti-Aging-Maßnahmen Sinn. Besonders wichtig für die reife Haut ist ein Peeling, denn die Zellteilung verlangsamt sich und die abgestorbenen Zellen liegen auf der Haut. Ein Peeling trägt diese Hornschicht ab, die Haut sieht frischer und strahlender aus, die Durchblutung wie der gesamte Hautstoffwechsel werden angeregt. Bei robuster Haut bieten sich Säureschälung oder auch Mikrodermabrasion an, ansonsten regelmäßige manuelle Peelings oder bei Couperose Reinigungsmasken. „Ein gutes Peeling muss bei reifer Haut einfach sein“, betont Susanne Dethlefs.

Wirkstoffe mit besonderem Anti-Aging-Effekt

Voll im Trend auf dem Anti-Aging Markt sind konzentrierte Wirkstoffe in Seren, Ampullen oder Cremes. Denn die Wirkstoff-Versorgung wird mit zunehmender Reife immer wichtiger. So sind z.B. die momentane Renner Hyaluronsäure zur Feuchtigkeitsspeicherung, Vitamic C für den Collagen-Aufbau, Retinol und Peptide, die ebenfalls die Collagenfasern intensiv anregen, tolle Anti-Aging-Helfer. „Oder auch Polyphenole, die sehr stark straffende Wirkung haben können und die Haut glätten.“ empfiehlt Dethlefs.

In diesem Zusammenhang eignen sich besonders apparative Maßnahmen zum Einschleusen dieser hoch konzentrierten Produkte. Arbeiten mit galvanischem Strom oder Ultraschall regt den Hautstoffwechsel intensiv an und bringt deutlich sichtbare Ergebnisse. Regemäßige Anwendungen sind für nachhaltige Effekte natürlich unverzichtbar und gerade in Zeiten hormoneller Veränderungen benötigt die Haut stabilisierende Maßnahmen mit Langzeitwirkung. Auch Thermo-Modellagen mit erwärmten Gipsmasken haben tiefgreifenden Erfolg und fördern den Stoffwechsel, öffnen die Haut für die Wirkstoffe.

Wie sag ich’s meiner Kundin?

„Es kommt natürlich darauf an, was für ein Typ die Kosmetikerin ist, aber ich würde das Thema „Wechseljahre“ und „Anti-Aging“ pro-aktiv ansprechen.“ rät Dethlefs. Bei der Anamnese bietet es sich geradezu an, sie zu ihrem Wohlempfinden zu befragen – Empathie und eine sensible Herangehensweise sind dabei so unerlässlich wie ein gutes Vertrauensverhältnis.

Bei Neukundinnen sollte das Thema also mit Bedacht gewählt werden. „Oft ist es aber so, dass Frauen genau aus diesem Grund zur Kosmetikerin kommen, weil sie Veränderungen wahrgenommen haben und jetzt einfach das Bedürfnis entwickeln, mehr für sich zu tun.“ Ein ausführliches Nachfragen ist in diesem Fall geradezu gefordert, um die Ratsuchende durch entsprechende Behandlungen und Produkt-Empfehlungen zufriedenstellen zu können.

Make-Up-Tipps für Schmeichel-Effekte

Make-Up macht Ihre Kundin schöner, jünger, lässt sie frischer aussehen – damit dieser Effekt auch eintritt, sind einige Feinheiten zu beachten: „Hier halte ich es für superwichtig, dass die Make-Up-Farbe nicht zu dunkel gewählt wird, eher eine Nuance heller, um die Haut glatter erscheinen zu lassen,“ empfiehlt Susanne Dethlefs. Intensive Lippenstift-Farben wirken günstig, wobei die Lippenlinien auf keinen Fall in einem dunkleren Ton betont werden sollte. À propos Lippen: mit den Wechseljahren kommen auch sie – die ungeliebten Fältchen um den Mund herum, „Hormonfältchen“ genannt.

Intensive Wirkstoff-Behandlungen zusammen mit Peelings können auch in dieser hochsensiblen Gesichtsregion vorbeugend wirken. Der Einsatz eines Lippenkonturstiftes in derselben Farbe des Lippenstiftes oder einen Ton heller sorgt für einen optisch wie praktisch positiven Effekt, weil er das Auslaufen der sehr fetthaltigen Lippenstiftfarbe in die Kräuselfalten verhindert. Um Fältchen um die Augen oder an der Wangenpartie nicht noch zu betonen, sollten vorzugsweise Lidschatten und Rouge ohne Glanz gewählt werden.

Ganzheitliche Beratung geht über die Kosmetik hinaus

Eine nachhaltige Beratung kennzeichnet Sie als Fachfrau aus. Dass dazu nicht nur Pflege-Empfehlungen gehören, sondern auch Informationen zu einer wohltuenden Ernährungsweise, um Alterungsprozessen wirkungsvoll entgegenzuwirken, versteht sich für einen ganzheitlichen Schönheits-Ansatz von selbst. Schließlich hat Ernährung nicht nur auf die Gesundheit allgemein, sondern ganz konkret auf unseren Hormonhaushalt einen großen Einfluss.

„Vor allem kommt es darauf an, was wir weglassen können. Zum Beispiel Zucker und Weißmehl sind Lebensmittel, die den Stoffwechsel gerade während der Wechseljahre belasten.“, warnt Dethlefs. Nach jedem Zucker-Flash durch den Genuss von Süßigkeiten steigt der Insulinspiegel an. Insulin hilft zur Einlagerung von Fett und blockt außerdem das stoffwechselaktivierende Hormon Glycagon, wodurch zusätzlich der Abbau von Fettzellen verhindert wird.

Hormone steuern auch den Stoffwechsel!

„Wir schädigen unsere Jugendlichkeit mit zu viel Insulin,“ so die Ökotrophologin, „man sollte zwischen den Mahlzeiten einige Stunden vergehen lassen. Die altbewährten klassischen drei Mahlzeiten am Tag sind nach neuesten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen genau das Richtige, damit der Stoffwechsel in Balance bleibt.“

Wer abends gerne im geselligen Kreis isst, sollte darauf achten, Kohlenhydrate möglichst zu vermeiden, damit die regenerativen Prozesse während der Nachtruhe nicht durch einen zu hohen Insulinspiegel behindert werden. „Abends gar nichts zu essen ist für die meisten Menschen eine Quälerei, auch, wenn es rein ernährungstechnisch für den Stoffwechsel eine günstige Wirkung hat,“, räumt Dethlefs ein. Was ist mit Alkohol? „Bier und Wein in Maßen sind ok, wobei ich ausdrücklich vor Cocktails oder Alkopops warnen möchte, denn die enthalten neben dem Alkohol noch zusätzlich eine Menge Zucker!“

Echt gut für die Jugendlichkeit: Omega-3-Fettsäuren

„Omega-3-Fettsäuren sind unglaublich gesund, sie schützen das Herz-Kreislauf-System, sind wichtig für das Gehirn und auch für die Jugendlichkeit! Denn sie stimulieren die weibliche Hormonproduktion.“ Fette Fischsorten wie Makrele, Hering und Lachs, sowie wertvolle Pflanzenöle wie Chia- und Leinsamenöl, ebenso Walnüsse, gelten als gute Lieferanten für diese hochwertigen Fette, auf welche Frauen generell, aber besonders während der Phase vor und nach der Menopause bei ihrer Ernährung achten sollten.

Vor allem Leinsamen enthält außerdem die wertvollen Lignane, das sind Phytoöstrogene, also eine pflanzliche Östrogen-Variante, und als wichtiger Nahrungsbestandteil sehr von Vorteil, wenn die körpereigene Östrogenproduktion nachlässt.

Gut gegen den Winterblues: Proteine machen glücklich!

Mit dem Älterwerden erhält die Eiweißzufuhr eine größere Bedeutung und sollte gezielt erhöht werden, nicht unbedingt mit tierischen Proteinen, sondern wahlweise auch mit pflanzlichen, z.B. aus Soja. Natürlich bilden Milchprodukte eine wichtige Option, sie liefern zusätzlich zum Eiweiß das für die Knochensubstanz erforderliche Calcium. „Zum Frühstück Magerquark mit einem Schuss Leinöl ist ein super Einstieg in den Tag!

Mit dem Eiweiß nehmen wir auch Aminosäuren zu uns, die für die Hormonproduktion nötig sind – nicht zuletzt auch des Glückshormons Serotonin sowie des Belohnungshormons Dopamin!“ empfiehlt die Ernährungsexpertin. „Damit überwindet frau auch den Winterblues etwas besser, der ja durchaus mit den Jahren etwas mehr zu schaffen machen kann. Zusätzlich hemmt Eiweiß den Heißhunger auf Süßes und hilft damit dabei, unwillkommene Pfunde erst gar nicht entstehen zu lassen.“

Ein weiteres Ernährungsthema, das Frauen während der Wechseljahre berücksichtigen sollten, stellen Antioxidantien dar. Sie wirken gegen freie Radikale, also sehr aggressive Sauerstoffmoleküle, die Gewebsstrukturen angreifen und zur Alterung der Haut beitragen. Vor allem dunkle Früchte, Beeren, überhaupt Obst und Gemüse versorgen uns mit Antioxidantien und dürfen auf dem Anti-Aging-Speiseplan nicht fehlen.

So wenig wie die ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit: ob Wasser, grüner Tee, Ingwertee, frisch gepresste Säfte – Getränke ohne Zuckerzusatz begleiten jede Frau mit der erfreulichen Begleiterscheinung durch den Tag, dass die Haut praller bleibt und Giftstoffe im Körper effektiver abtransportiert werden.

Bewegung? Ja, bitte!

Nicht jede hat Lust auf Sport, doch Bewegung hält nicht nur fit, sondern auch jung und glücklich. Wer sich mehr bewegt, produziert Hormone wie Testosteron und sogar Dopamin. „Bewegungsabläufe, die sich in den Alltagsablauf integrieren lassen, sind dabei wichtig, denn nur, wenn mehr Bewegung in den Alltag passt, hält man es auch durch.“, rät Dethlefs, die selbst regelmäßig joggt. Speziell zugeschnitten auf Frauen ab 40 Jahren ist das in Mode gekommene „Hormon-Yoga“: Übungen, die gezielt die Hormonproduktion anregen. Viele Yoga-Studios bieten es an.

Hier herrscht das Motto: „Jung, straff und freudig!“

Pflege, Ernährung, sportliche Betätigung – kompetente Tipps der Kosmetikerin hierzu sind auf jeden Fall sehr wertvoll. Doch die seelische Bedeutung einer auch psychologisch aufbauenden Beauty-Begleitung durch wechselvolle Zeiten sollten Sie nicht unterschätzen! „Ich würde zu Beginn immer ganz intensiv hinhören: Was ist meiner Kundin wichtig? Welche Fragen bewegen sie? Welche Wünsche hat sie? Darauf sollte ich als Kosmetikerin ganz individuell eingehen.

Empathie äußert sich auch in Komplimenten bezüglich der Behandlungs-Ergebnisse oder des Make-Ups. Komplimente hört jede Frau gerne und bestärken sie. Außerdem verankern sie den Erfolg ihres Besuches bei mir in ihrem Bewusstsein. Loben Sie Ihre Kundin!“ Positive Sprache ist ohnehin das A & O im Umgang mit Kundinnen, sprechen Sie weniger von Wechseljahren, reden Sie von „glatter, schöner, strahlender“ Haut! Vermitteln Sie Ihrer Kundin das Gefühl: In diesem Institut herrscht das Motto „Jung, straff und freudig!“

Iss Dich schön & munter! – Ein Profi erklärt, wie das geht Teil II

Die Psyche durch Ernährung beeinflussen, Ernährung und Alterungsprävention – das klingt spannend und möchte sicher fast jeder. Die Ernährung hat einen immens großen Einfluss auf die Psyche und auf das Alter!

Die Gene beeinflussen uns nur zu circa 30-40 %. Den Rest haben wir selbst im Griff. Es ist bewiesen, dass die Ernährung unsere Gene beeinflusst, durch die sogenannte Nutrigenomik.

Zum Thema „Mood Food“: Die Psyche ist stark gekoppelt an unsere Nervenzellen, Nervenbahnen und Synapsen. Der Darm steuert unser Gefühlszentrum, ist unser „Bauchgehirn“. Er besitzt ein eigenes Nervensystem, das sind zahlreiche Zellen, die Signalmoleküle ausschütten und an das Gehirn weiterleiten. Eine Entlastung des Darms durch Reduktion bestimmter Nahrungsbestandteile, wie sie zum Beispiel in Fast Food zu finden sind, und die gezielte Aufnahme von Mikronährstoffen bewirken ein besseres psychisches Gleichgewicht.

Der Darm steuert mit den Darmbakterien außerdem das Immunsystem.

Fazit: Unser Darm steuert sowohl unser Immunsystem, als auch unser emotionales System. Früher wurde die Ursache von Depressionen ausschließlich im Gehirn untersucht; heute bringt man die Psyche mit dem Darm und der Ernährung in Verbindung.

Die beiden Videos beschäftigen sich tiefgehend mit dem Thema Alterungsprävention durch Ernährung und dem Zusammenhang zwischen Ernährung und Psyche.